Unterwegs in den wilden Westfjorden Islands trifft man auf Straßenszenen wie diese in Ísafjörður / Zeichnung: Copyright Roswitha Geisler

Das so ziemlich erste, was wir im überschaubaren Hafen von Ísafjörður (Eishafen) hören, ist Patti Smith. Damit hätte ich, ehrlich gesagt, nicht gerechnet. Wer ahnt denn, dass es in diesem abgelegenen, 2.700-Einwohner-Städtchen hoch oben in den wilden Westfjorden Islands sowohl eine Musikschule, als auch ein Kulturzentrum incl. Galerie gibt?
Nun erfahre ich, dass Musik in Ísafjörður generell eine große Nummer ist, denn der Ort ist sogar für ein außergewöhnliches, ungemein beliebtes Musikfestival bekannt. Dieses findet jeweils zur schneereichen Osterzeit statt, ist betitelt „Aldrei fór ég suður“ und als Location lockt die Besucher eine ungeheizte Fabrikhalle. Ist dies nicht ein perfektes Gegenteil zu den uns bekannten durchorganisierten Happenings?

Zur Zeit ist es hier jedoch still und ruhig, wir begegnen nur wenigen Menschen, als wir durch den friedlichen Ort streifen. Nur 280 Kilometer von Ostgrönland entfernt befindet sich dieser malerische Flecken auf einer in den Fjord hineinragenden Sandbank. Eingefasst von den imposanten, steil und schroff abfallenden schneebedeckten Berghängen des Eyrarfjall und des Kirkjubólsfjall könnte die Lage von Ísafjörður spektakulärer nicht sein.

Wir machen halt an dem „Westfjord Maritime Museum“, bewundern die bunten historischen Holzhäuser in der Altstadt, die kleinen Lädchen, in denen man liebevoll handgearbeiteten Schmuck, skurille Holzschnitzereien und weiche, warme Schafwolle erstehen kann und wandern am Pollurinn und am Skutulsfjörður entlang.
Aus einem der mit rostigem Wellblech verkleideten Häuser tritt ein alter Herr mit Pudelmütze, langen weißen Haaren und einem ebensolchen Bart. Trotz der Außentemperatur von 6 Grad Celsius ist er bekleidet mit kurzer Hose und T-Shirt. Er trägt einen Zinkeimer und eine Bierdose in der Hand und nickt uns freundlich zu.

Das Plätschern der Wellen, knirschende Schneereste unter den Schuhen und der Flügelschlag der Möwen sind die einzigen Geräusche. Ich sichere mir einen Platz am Wasser und genieße nicht nur die Sonnenstrahlen, sondern auch die unfassbare Ruhe, die dieser tiefe Fjord ausstrahlt. Dann atme ich noch einmal ganz tief ein und sauge eine ordentliche Portion isländische Wildnis in mir auf.

Blick über den Skutulsfjörður bei Ísafjörður / Foto: Privat

Es gibt einen Platz, den ich auf unserer Reise durch die Westfjorde ganz besonders ins Herz geschlossen habe, nämlich die „Hauptstadt des Nordens“, Akureyri. Das ist ein recht weitläufiges kleines „echtes“ Städtchen von immerhin fast 19tsnd. Einwohnern und liegt ca. 550 Straßenkilometer von Ísafjörður entfernt.
Ja, man kann sagen, hier steppt schon fast der Bär! Menschen tummeln sich in der fein herausgeputzten, schmucken Fußgängerzone, sitzen dick eingepackt in Straßencafes oder treffen sich auf einen Plausch vor den hübschen Geschäften und Restaurants.

Im Cafe „Kristjans“, dem Treffpunkt in der Hafnarstraeti, gibt es leckere Karamel-Zimtrollen und dampfend heißen Kaffee. Ein paar Meter weiter betreibt eine freundliche, graugelockte Dame ihren Wollshop, in dem sie strickend mit einigen Damen sitzt und schwatzt. Vor dem „Nýja Bíó“ bleiben wir stehen und stellen fest, dass dies kein Bioladen ist, sondern ein Kino. Wir bewundern die kunstvolle Streetart überall und freuen uns über die Ampeln, die mit leuchtenden roten Herzen liebevoll zeigen, dass wir jetzt auf Grün warten müssen.
Ab und zu kommen uns benzinbetriebene Bestien aus Blech entgegen, mit modifizierten, riesigen Rädern, voluminösen Reifen und dicken Funkantennen.
Vielleicht waren sie unterwegs in den Kerlingarfjöll, zum Mývatn-See oder einfach nur zum nächsten Supermarkt.

Da möchte man am liebsten noch länger bleiben...in Akureyri / Foto: Roswitha Geisler

Da möchte man am liebsten noch länger bleiben…in Akureyri / Foto: Roswitha Geisler