Auf der Rückseite des Fotos, welches ich als Vorlage für dieses Kinderportrait erhielt, steht das genaue Datum, nämlich der 12. April 1928. In weit ausholender, dazu wunderschön verschnörkelter Sütterlin-Schrift ist zu lesen, dass dieses Bild zur Erinnerung an Gerhard`s Schulanfang aufgenommen wurde. Als ich diese Schrift sah und las, erinnerte ich mich sofort daran, wieviel Spaß es mir gemacht hatte, vor vielen Jahren Sütterlin zu erlernen. Damals bot dies ein Lehrer meiner Schule in einem freiwilligen Kurs an. Ich war natürlich sofort interessiert, denn in meiner Familie wurden einige Frontbriefe aufbewahrt, sowie alte Familienurkunden und Bücher mit handschriftlichen Notizen und Widmungen. So richtig konnte das mittlerweile aber niemand mehr lesen.
Mir gefiel die Sütterlin-Schrift sehr und sie zu erlernen schien mir wie eine Entdeckungsreise in ansonsten verschlossen gebliebene Welten. Und ein bisschen machte sie auf mich auch den Eindruck eines Geheimcodes…
Nach intensivem Training, monatelangem Üben und Verinnerlichen, konnte ich dann relativ flüssig schreiben und lesen. Naja, so einigermaßen jedenfalls. Zumindest, wenn die Buchstaben „ordentlich“, d.h. bis zum letzten Schnörkel mit gestochen scharfer Regelmäßgkeit geschrieben wurden, wie zum Beispiel auf Urkunden. An den Feldpostbriefen bin ich trotzdem noch oft gescheitert.
Nichtsdestotrotz habe ich mir vorgenommen, in die Zeichnung von Gerhard einen kleinen Text in Sütterlin zu integrieren. Dabei habe ich festgestellt, dass ich diesbezüglich doch etwas aus der Übung bin. Nunja.
Den Text habe ich aus einem im Jahre 1912 erschienenen Buch entnommen:
„Ein Vogel singt sein süßes Lied, die Sonne scheint, die Blume blüht, und keines hat noch je gefragt, was ihm zum Lohn ward zugesagt. Mach`s ebenso, mach`s ebenso! Gib und erfreue frei und froh.“
Im Hintergrund gibt es einen Käfer zu sehen, denn so wie mir erzählt wurde, gab es in Gerhard`s Familie diverse Glaskästen mit umfangreichen Käfersammlungen.
Das obige Portrait von Gerhard habe ich von Hand gezeichnet. Vorlage war ein altes S/W Foto aus dem Jahre 1928. Ich habe für die Zeichnung einen alten MontBlanc-Füller, schwarze MontBlanc-Tinte, Faber-Farbstifte und einen weißen PITT-Pastellstift benutzt. Das Portrait ist ca. 20 x 20 cm groß. Wer mag, der kann zur Großansicht bitte auf das Bild klicken.
16. April 2015 at 8:04 pm
Gerhard hat einen offenen Blick, sehr freundlich.
Er muss ja inzwischen über 90 Jahre sein.
Damals ging es noch sehr adrett zum ersten Schultag.
bin gespannt, wie es weitergeht…
Liebe Grüße Bärbel
23. April 2015 at 5:37 pm
Genau, liebe Bärbel. In den 20er Jahren, zur Zeit der Weimarer Republik, wurde sehr viel Wert auf perfekte und adrette Kleidung gelegt, natürlich auch bei Kindern. Denn durch die entsprechende Garderobe konnte man zeigen, „wer“ man ist, bzw. welchem „Stand“ man angehört. Das ist heutzutage gar nicht mal so viel anders.
Liebe Grüße an dich!
23. April 2015 at 5:42 pm
Genau, damals legten sie großen Wert auf adrette Garderobe.
Heute bei Festen natürlich auch noch. Ich denke nur an die Kinderkommunion.
16. April 2015 at 8:14 pm
Die Sütterlinschrift ins Portrait von Gerhard zu integrieren, lässt das ganze Bild „echt“ aus damaliger Zeit wirken. Eine sehr gute Idee! Und schreiben kannst Du sie ja sehr gut, für mich zumindest gut leserlich. „Geheimschrift“ trifft es ziemlich gut. Ich lernte Sütterlin schon in der Grundschule zu schreiben, natürlich als zusätzliches Angebot. Ich hatte sofort damals auch das Gefühl, jetzt eine Geheimschrift zu beherrschen. Zumindest war ich stolz, alte Aufschriebe meines Vaters jetzt selbständig lesen zu können und auch alles, was meine Großeltern damals schrieben.
Danke für dieses neue eindrucksvolle Portrait mit passendem Spruch, „wie von damals“!
Lieben Gruß, M.
23. April 2015 at 5:50 pm
Vielen Dank, lieber Michael, für dein schönes Lob. Oh ja, „Geheimschrift“ trifft die Sache sehr gut…smile*. Ich schrieb nämlich in meiner Jugendzeit gerne alles mögliche in ein Tagebuch. Da meine jüngere Schwester ziemlich neugierig war und die Angewohnheit entwickelt hatte, darin zu lesen, begann ich, alles nur noch in Sütterlin hnein zu schreiben. Das hatte erstens den großen Vorteil, dass ich mich in dieser Schrift übte und zweitens, dass meine Schwester meine „Geheimnisse“ nicht mehr lesen konnte….
Liebe Grüße für dich
von Rosie
24. April 2015 at 11:14 am
Ja, so nützlich kann es sein, eine Geheimschrift schreiben zu lönnen!
Lieben Gruß, M.
16. April 2015 at 8:34 pm
Hat denn der alte Herr das Portrait selbst in auftrag gegeben oder will ihm seine Verwandtschaft vielleicht zu seinem 95 zum geburtstag eine große Freude machen?
23. April 2015 at 10:27 pm
Liebe Clara, das Portrait ist/war ein Geschenk. Natürlich mögen es alte Menschen am liebsten, wenn sie Zeit geschenkt bekommen, sprich: Besuch von lieben Verwandten und Freunden. Oder sie freuen sich auch über Mobilität, also, wenn man sie abholt, um mit ihnen in einen kleinen Auto-Ausflug zu machen oder in ein Cafe zu gehen. Solche Sachen eben. Und sie freuen sich auch über ein handgemaltes Portrait.
25. April 2015 at 7:09 am
Du liegst da vollkommen richtig mit deiner Meinung, liebe Rosie. Die Bilder sind immer – egal welches du bisher gezeigt hast – immer ein kleines Juwel.
16. April 2015 at 9:06 pm
Mal wieder supersüß geworden Dein Gerhard! Irgendwie stell ich mir vor wie er in seinem flotten Anzug und der Kappe aus dem Haus der Buddenbrooks kommt. Würde perfekt in die Szene passen. Haste mal wieder spitzenmässig hinbekommen. Und, Tipp: Foto vom Hier und Jetzt😉. LG und bis bald – Du weißt schon – Elke
24. April 2015 at 9:46 am
Vielen Dank, liebe Elke! Ja, ich bin ganz deiner Meinung – die Kleidung und das Ambiente erinnert an die „Buddenbrocks“. Ich besuchte einmal das „Buddenbrock-Haus“ in Lübeck, in welchem ein Museum eingerichtet ist. Unter anderem wurden dort einige Zimmer so nachgebildet, wie sie im Roman beschrieben worden sind.
17. April 2015 at 5:22 am
der Name erinnert mich an einen Onkel, die Schrift an die Schwiegermutter und der Eintrag an Dich… 🙂
LG
Maccabros
24. April 2015 at 9:49 am
Gleich drei Dinge auf einmal….smile*. Lieber Maccabros, ich hatte ebenfalls einen Onkel gleichen Namens und eine meiner Omas schrieb sogar ihren Einkaufszettel stets in Sütterlin.
17. April 2015 at 6:31 am
Liebe Rosie,
das ist wieder ein wunderbares Bild! die Sütterlinschrift habe ich auch gelernt und kann sie lesen. Meine Oma hat noch alles in dieser Schrift geschrieben und ich wollte das schon als Kind gern lesen können.
Herzliche Grüße
Regina
24. April 2015 at 10:04 am
Vielen Dank, liebe Regina, es freut mich, dass dir das Portrait gefällt! Neulich habe ich gelesen, dass es mittlerweile auch im Netz ein Sütterlin-Lernprogramm gibt. Es wäre wirklich schade, wenn diese Schrift irgendwann verschwinden würde. Ich habe mir jedenfalls vorgenommen, meine Kenntnisse darin ein bisschen aufzufrischen.
17. April 2015 at 8:09 am
Liebe Rosie,
ich finde das so wunderbar mit dem Text in Sütterlin!! Ich bekomme auch sofort Lust, diese Schrift zu lernen. Sieht einfach schön aus und hat einen besonderen Charakter…
Der kleine Gerhard wirkt auf mich freundlich und auch etwas verträumt. Bestimmt liebte er Geschichten und Berichte aus fernen Ländern…
einen ganz lieben Gruß,
Sybille
24. April 2015 at 10:13 am
Liebe Sybille, ich finde diese Schrift sehr schön und besonders. Briefe, die in ihr geschrieben worden sind, sind ein spannender Blickfang und haben etwas von einem Geheimnis in sich, da man sie ja erst entziffern muss…..smile*. Mit regelmäßiger Übung klappt das dann aber irgendwann ganz gut. Zumindest, wenn sie „ordentlich“ geschrieben worden sind, d.h. wenn sie bis zum letzten Schnörkel mit gestochen scharfer Regelmäßgkeit aufwarten, wie zum Beispiel auf Urkunden. Bei Briefen ist dann dann doch schon schwieriger.
17. April 2015 at 9:52 am
hurra, die schule beginnt! freudige erwartung, gemischt mit mulmigen gefühlen, aber nicht selten sind eltern aufgeregter als die kinder selbst. wow, was für ein „fremdländisches“ schriftbild auf deiner schönen zeichnung.
24. April 2015 at 10:32 am
Liebe Sirpa, da hast du vollkommen Recht. Sütterlin sieht mit ihren Spitzbögen, Rundbögen, ihrem Schwung und ihrer Strenge in der heutigen Zeit „fremdländisch“ aus. Mir persönlich gefällt dieses Schriftbild sehr.
24. April 2015 at 10:37 am
🙂
17. April 2015 at 12:52 pm
Ich liebe deine Skizzen! Alles Gute, Klaus
24. April 2015 at 10:33 am
Hallo Klaus, vielen Dank für dein Lob! Ich wünsche dir auch alles Gute.
24. April 2015 at 10:44 am
danke, gerne
17. April 2015 at 2:53 pm
Gerhard sieht so frisch, offen und klug aus – obwohl die Kinder in jenen fernen Tagen weder Fernsehen noch Internet hatten – oder liegt es vielleicht gerade daran? 😉
Ich mochte den sogenannten Schönschreib-Unterricht sehr, kam er meinen künstlerischen Neigungen doch ziemlich entgegen. 😉 Und ich schrieb auch gerne Sütterlin, und habe auch heute noch keine Schwierigkeiten, diese Schrift zu lesen.
Herzliche Grüße!
24. April 2015 at 10:46 am
Ja, liebe Margot, in der Weimarer Republik war das Leben ganz anders und mit heute nicht vergleichbar. Ich glaube, erst zu dieser Zeit gab es die ersten Radios oder „Hörfunk-Geräte“, die sich auch das „normale Volk“ kaufen konnte, sofern es sich diese leisten konnte. Mittlerweile ist für uns das Internet das „schnellste Medium“.
17. April 2015 at 3:04 pm
Was für ein süßer Junge!!! Herrlich gemalt von Dir!
24. April 2015 at 10:52 am
Vielen Dank, liebe Ann Christina! Es freut mich, dass dir das Portrait gefällt! Ja, ich finde auch, das Gerhard wirklich hübsch und niedlich ist und fotogen noch dazu.
20. April 2015 at 12:50 pm
very nice 🙂
24. April 2015 at 10:54 am
Thanks for the smile Leyla!
20. April 2015 at 3:31 pm
ach, wieder mal ein großartiges Werk, liebe Rosie! Ich habe auch noch alte Tagebuchaufzeichnungen meiner Oma Rosa, deren Leben ja in Teilen Vorlage für meine Protagonistin ist. Leider kann ich das auch fast nicht entziffern. Das ist wirklich schade, man findet kaum noch jemanden, der das lesen kann. Ist ja dann auch oft mit Bleistift geschrieben und verblasst.
LG Carmen
24. April 2015 at 11:55 am
Liebe Carmen, die alten Tagebücher deiner Oma sind bestimmt sehr spannend und voller Überraschungen. Irgendwo habe ich mal gelesen, dass es einige „Schreibstuben“ gibt, in denen man alte Briefe, Tagebücher etc., die in Sütterlin geschrieben sind, transkribieren lassen kann. Vielleicht wäre das was für dich?