Ein asphaltierter Weg windet sich um die große Kastanie herum und führt dann in einer langen Geraden über den gepflasterten Hof, auf dem nebeneinander zwei dreistöckige verglaste Betongebäude stehen. Die grauen Wände sind in rosa Dämmerlicht getaucht. Als ich um die Ecke biege, geht die Sonne genau zwischen zwei Treppenaufgängen unter, eine kleine, helle Orange.  Der Besitzer des Musik-Cafes steht in der Tür. Er ist ein großer Mann um die fünfzig mit stechendem Blick und kurz geschorenem, grau meliertem Haar. Über seinen Nacken zieht sich eine lange Narbe. Es geht das Gerücht, er sei bei der Fremdenlegion gewesen. Als Kellner fungieren zwei Studenten. Wer diese Studenten sind, weiß niemand so genau. Sie tragen die langen Haare im Nacken zusammengebunden und saubere rote Schürzen bis über die Knie. Der eine ist schön und groß, der andere klein, dicklich und blass. Ich setze mich dicht an die provisorische Bühne, um bei einem Glas kalifornischen Merlot den Auftritt der dreiköpfigen Band zu genießen. Und im ersten Moment denke ich, wie es wäre, wenn sie jetzt „You’ll Never Leave Harlan Alive“ vortragen würden und dann denke ich, du bist doch bescheuert, das wäre ja ein Zufall, und wer rechnet denn schon mit Zufällen? Und im Moment nach dem ersten Moment habe ich verstanden, wieso und weshalb gerade das jetzt passen würde und mir in den Sinn kam, und dass nur das eigentlich das Ziel sein kann, zu wissen, woher gerade dieses Gefühl kommt, dieser Wunsch.

Die Gedanken entwirren sich ganz von allein und der schöne Kellner trägt Baguette und Oliven zu dem Nebentisch, auf den die untergehende Sonne eine rote Linie legt, die Jungs der Band nehmen auf ihren orange beleuchteten Stühlen Platz, vor den Palmen, den Spiegeln und im Klirren der Gläser, und die Musik schabt alle Behäbigkeit und alle Alltäglichkeit von mir ab und alles macht Sinn, ganz viel Sinn und ich glaube jetzt mehr denn je zu wissen – nein, nicht wie die Dinge sein werden, aber wie sie waren.

Manche Bands, die rocken die Hütte so, dass ich nur mit Mühe in der Lage bin, sie vor Ort in Skizzen zu erfassen. Dann ist Schnelligkeit das A und O.  Bei diesen Entwürfen konzentriere ich mich dann ganz auf die Umrisse. Details ignoriere ich.  Hogjaw ist so eine Band oder Julian Sas oder, ganz klar, Danny Bryant`s Red Eye Band.

Diesmal habe ich mich dazu entschlossen, bei diesem Bandportrait die Skizzen nicht perfekt auszuarbeiten ( so wie ich das sonst meist tue),  sondern eine bewegte Szene voller Stimmung und Atmosphäre zu zeigen. Das ganze Bild sollte rocken!  „Set ‚em wild, set ‚em free“ sozusagen.  Dazu habe ich dann zu Hause zuerst mit lockerer Hand einen Entwurf mit Kohlestift angelegt und anschließend den Kohlestaub vorsichtig weg gepustet.  Dann begann ich mit einem dicken Pinsel die dunkelsten Schatten anzulegen, z.B. Teile des Hintergrundes, der hier mit schnellen drastischen Strichen und verschiedenen nicht näher konkretisierten Elementen definiert ist.  Dabei muss man immer beachten, woher das Licht kommt! Das ist wichtig!  Hier befindet sich der Scheinwerfer links oben und strahlt hell auf den Rücken des Sängers, der hier die zentrale Person ist,  leuchtet auf den Arm und erzeugt helle Reflexe auf seinen langen Haaren.  Ein weiterer Spot vom Bühnenhimmel taucht Arm und Instrument des Gitarristen in rotes Licht.  Gesicht und Oberkörper bleiben weitgehend im Dunkeln.  Beim Malen überprüfe ich immer wieder die Gesamtwirkung des Bildes, indem ich es woanders hinlege oder es mir aus einer anderen Perspektive anschaue.  Manchmal gehe ich davor hin und her oder platziere es auf dem Boden und schaue es mir aus der „Vogelperspektive“ an.  Falls nötig, werden dann Schatten vertieft oder einzelne Stellen aufgehellt.  Anschließend lasse ich das Bild einen Tag lang trocknen und betrachte es dann noch einmal aus einem gewissen Abstand. Und dann: „Rock it!“

Dieses Bild ist 30 x 40cm groß, bekam ein mattgraues Passepartout und einen metallisch dunklen Rahmen.

Prinzipiell hatte ich schon eine recht gute Vorstellung von dem, was mich erwarten würde, als ich mich auf den Weg zum Hamtorkrug in Neuss machte, einem Musik-Club mitten in der City, der regelmässige Live-Events anbietet. Dass es an diesem Abend etwas gemütlicher zugehen würde, stand aber außer Zweifel, denn da sich am Wochenende bereits schon mal kurz der Sommer blicken ließ, lockte das Wetter viele Menschen eher zu aushäusigen Aktivitäten.

Die Münsteraner Formation „Brute, Force & Ignorance“ ließ sich trotz der geringen Zuschauerzahl aber nicht davon abhalten, sogleich von Beginn an mit dem verdammt großartigen „Same Old Story“ Vollgas zu geben und gut zwei Stunden lang den Fuß nicht vom Gaspedal zu nehmen – auch wenn sich gleich beim dritten Song „Messin`With The Kid“ eine Saite der Gitarre jaulend verabschiedete. Benannt nach einem Titel auf dem „Photo-Finish“ Album von 1979 des leider viel zu früh verstorbenen, legendären Rory Gallagher spielen Marco Menzer (Schlagzeug), Markus Kerkeling (Gitarre/Gesang) und Stefan Lukassen (Bass) seit Januar 2007 zusammen. Eine kernige, die Ohren durchblasende, hochsympathische und liebenswerte Band ist das, die die Songs von Taste und Rory Gallagher unbekümmert, aber beileibe nicht beliebig aufspielt und mich damit jedesmal euphorisiert. (mehr …)

Stacie Collins & Band sind bis jetzt eine meiner Entdeckungen des Jahres. Wobei das Possessivpronomen da eigentlich nichts verloren hat, denn diese Entdeckung habe ich meinem alten Freund V. zu verdanken, der die drei CD`s der Dame aus Nashville schon seit langem in seinem Regal stehen hat.
Whatever – diese Band bereitet uns also an einem der ersten Frühlingstage auch nach Verschwinden der zaghaften Sonne ein Highlight, nämlich eine knackige Mischung aus Blues- (Boogie) -Rock mit einer Prise Country. Und das wieder mal im „Spirit of 66“ in Verviers.
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Wow, was für ein Knaller!!! Oh ja, die Oli Brown Band hat im „Spirit of 66“  in Verviers ein tolles Konzert auf die Holzdielen gelegt, an das sich viele der Anwesenden, besonders sicherlich auch die vielen jungen und hübschen Mädels in den vordersten Reihen, vielleicht für lange Zeit erinnern werden.
– Das „Spirit of 66“ ist ein legendärer, sagenumwobener Ort, eine Location, die mir schon wunderbare Konzerte beschert hat. Unvergessen die Show der „Nine Below Zero“ vor über vier oder fünf Jahren. Der nicht mehr ganz so junge Gary McAvoy verausgabte sich bis aufs Letzte, stand zwischen den Songs nach Atem ringend in der rechten Ecke und peitschte die Fans in den ersten Reihen regelrecht auf. Großartig!
– Und heute nun Oli Brown, von dem es heißt, dass er der Fackelträger des britischen Blues im 21. Jahrhundert zu werden scheint (oder es schon ist). Im feinen Nadelstreifenzwirn, chicem, schwarzen Hemd und Westernboots aus blauem Eidechsenleder steht er auf den Planken, beginnt mit „I can`t stand The Rain“ und schüttelt seine Locken. Locken? Ja, seine Haare sind nicht mehr so lang und glatt wie gehabt, aber das ändert nichts daran, dass Oli und seine Kumpels, der großartige Drummer Wayne Proctor und der energiegeladene Basser Ronnie Sayer, nur so vor Spielfreude strotzen, dazu bestens aufgelegt sind, toll mit dem famos mitgehenden Publikum kommunizieren und einen großartigen Song nach dem anderen, wie z.B. „Speechless“ oder „Stone Cold“, raushauen. Druckvoll, saftig, ambitioniert, begeisternd. (mehr …)

„Go Music“ ist eine monatliche Konzertreihe, die es seit 15 Jahren (ja, wirklich) gibt und die zumeist in immer den gleichen Clubs in der gleichen Reihenfolge stattfindet. Der Organistor der Reihe, Martin Engelien, übernimmt jedes Mal die Bedienung des Bass`s.  Zusätzlich sind aber immer andere Kollegen dabei, nämlich solche, die zu den interessantesten Musikern der nationalen und internationalen Musikszene zählen. Auch diesmal wurde eine namhafte Besetzung zusammengestellt, die sich sogleich zu Beginn im „WineLive“ in Düsseldorf, einem Bistro mit Weinbar, in einem ausführlichen Instrumental vorstellte:

„Crazy“ Chris Kramer , der 2010 den Deutschen Blues-Award als bester Harp-Spieler erhielt, dazu am Schlagzeug ein  energiegeladener junger Mann aus Stuttgart namens Bene Neuner , sowie an der Gitarre Rocco Wiersch aus Dortmund, dessen musikalische Qualitäten ich schon seit längerem sehr schätze. Da auf der Einladungskarte ein Abend „unplugged“ angekündigt war, erwartete ich ein relativ ruhiges Konzert, bei dem man locker minutenlang vor sich hin träumen kann. Doch es kam etwas anders. (mehr …)

Ich weiß, dass der Zauber einer wundervollen Erinnerung an eine Band die Dinge oft verklärt und den Konzertbesucher ( z.B. mich) schon oft im voraus in übertriebene Entzückung verfallen lässt, aber der intensive und auf allerhöchstem Niveau präsentierte Soulblues des Tad Robinson und seiner vortrefflichen Band zeigt sich tatsächlich wieder mal schon in der ersten Bühnenminute.

Klasse Tad! Genau so wollen wir dich hören, so gehörst du zu den Besten! Tad Robinsons Stimme kann ich einfach nicht oft genug in meine Ohren lassen – sie ist unglaublich voluminös, warm, voller Soul und sowohl aus der Tiefe bis in die Höhen jeden Besucher und jede Besucherin, die sich auf den Weg zur Manege in Ratingen gemacht haben, überzeugend. Und selbst wenn Tad Robinson mit der Gesangsverstärkung in balladesken Gefilden unterwegs ist, kann man nur noch staunen, mit wie viel Emotionen der Soul mitten in das Herz fahren kann. Und zwar ganz ohne den sonst so oft gern reichlich genommenen klebrigen Zuckerguss. Aber nicht nur Tad Robinson alleine soll hier genannt werden, sondern auch alle seine Mitstreiter verdienen wieder einmal ein extra dickes Lob, denn die Band ( bestehend aus Alex Schultz (Gitarre), Kevin Anker (Keyboard), Steve Gomes (Bass), Robb Stuppka (Schlagzeug)),  spielt kompakt und perfekt wie aus einem Guss. (mehr …)

Ein Weltmusik-Festival? Ach-du-liebe-Güte. Nee…Weltmusik? Sag mal, ist das nicht Pan-Flöten-Terror, Didgeridoogebrumme und Windspielgeklingel? Und entrückte Mönchsgesänge zur Klangschalen-Kakophonie für meditierende Weltverbesserer oder indianische Trommelmusik im Ausdruckstanz-Seminar?

Ja, sicher, die Weltmusikschublade quietscht beim Öffnen immer ein bisschen, denn  ziemlich schwer wiegen die Vorurteile. Wer aber vorbehaltlos neugierig darin herumwühlt, findet schnell die neuen, spannenden Ausdrucksweisen derselben.

Und wenn, wie hier, auf dem größten Umsonst-und-draußen-Weltmusikfestival in Deutschland, dem mittlerweile 35. Barden-Festival in Nürnberg nicht nur monothematisches geboten wird, sondern der Besucher mit einem wunderbaren Reigen an faszinierenden, fluoresizierenden Musikwerken konfrontiert wird, so erweitert es den Fachgebiets-Horizont doch ungemein und verschönert das Leben allgemein. (mehr …)

Danny Bryant - "Blues for Buddy"

Danny Bryant - "Blues for Buddy"

Hoppla, jetzt hat es mich ja fast aus der 1. Reihe geweht und wer mich auch nur ein klitzekleines bisschen kennt, der weiß, dass ich konzertmäßig nicht wirklich leicht zu verwehen bin. Aber ich hatte es schon geahnt. Ja, es musste ja unbedingt ein weiteres Konzert der Danny Bryant`s Red-Eye Band sein, es musste ja unbedingt ein weiteres Mal die Möglichkeit ergriffen werden, von diesem brillanten Powerhouse Trio auf den Boden geblasen zu werden.  Meiner Erinnerung Tribut zollend, habe ich jetzt zum wiederholten Male, und nicht nur ich, sondern auch die (leider nur) knapp 100 Zuschauer im Saal Birgit in Viersen, einen Grund zu reichlicher Freude, und das zeigen wir mit einem tosenden Auftrittsapplaus, mit Johlen, Pfeifen und Trampeln als ein klares akustisches Signal.

Danny Bryant und seine Combo, bestehend aus Drummer Trevor Barr und Basser Ken Bryant, die beide spitzenmäßige Rhythmusarbeit leisten, sind umwerfend laut und gut, manchmal hart und voller Power, das andere Mal unglaublich gefühlvoll und sanft. Das Publikum im Saal ist beseelt, in einigen Songs auch ziemlich textsicher, yesss, das ist hier der ganz große Überschwang auf Zementboden und Bühnenbrettern, eine Hingabe, wie ich sie bei Danny Bryant schon oft erlebt habe. (mehr …)

Larry Miller - „As Blue As It Gets“

Warum ist Larry Miller eigentlich nicht berühmt?
Der Mann ist großartig!
Geht hin und hört!
Entweder auf seiner eigenen Seite oder bei myspace, und dann kauft eines seiner Alben, zum Beispiel „Unfinished Business“, auf dass er berühmt werde und einen Haufen Geld verdiene und weiterhin Musik mache.
Musik zwischen Rory Gallagher, Alvin Lee und Julian Sas, beziehungsweise nicht zwischen, sondern alles gleichzeitig, und dazu auf das trefflichste gewürzt mit eigenen Gitarreneskapaden, also Blues-Rock-Woodstock-Slide-Songmaching oder wie immer man das nennen will, jedenfalls: groß.
Aber jetzt erst mal von Anfang an: (mehr …)