Der Nationalpark „Þingvellir“ liegt im Südwesten von Island, im Gebiet Höfuðborgarsvæðið und ist Teil der UNESCO Welterbeliste / Zeichnung © Roswitha Geisler

Überall raucht, dampft und blubbert es: Heiße Quellen, wabernder Matsch und brodelnde Schlammtöpfe, dazu schillernde Kieselerde-Ablagerungen und mit silbrigen Flechten überzogene Felsbrocken. Und immer wieder steigt uns ein eigenartiger Schwefelgeruch in die Nase. Ich komme mir vor wie in einer anderen Welt.
Kräftiger Dauerwind schiebt uns über das Geothermalfeld „Geysir“, das mystisch wie in einem Fantasyfilm erscheint. Geheimnisumwittert, archaisch und voller Historie. Nicht umsonst ist der Nationalpark „Þingvellir“ aufgrund seiner geologischen Einmaligkeit und geschichtlichen Bedeutung Teil der UNESCO Welterbeliste.

Respektvoll halten wir uns an die Absperrungen und stapfen hinauf zu den Springquellen, dem „Stóra-Geysir“ und dem „Strokkur“, zu deutsch „Butterfass“. Dieser bildet alle 10-15 Minuten unter unheimlichem Rumoren eine große, blaue Dampfblase und schleudert dann zischend und sprudelnd eine kochend heiße Wasserfontäne unter hohem Druck fast 30 Meter in die Höhe.
Beeindruckt halten wir gebührenden Abstand.

Dann wandern wir weiter unter sich grau auftürmenden Wolken durch windzerzauste Birken, struppige, fahlgelbe Grasbüschel und vorbei an beeindruckenden Geröllskulpturen bis hin zum tosenden Wasserfall „Gullfoss“.


Breit und aufbrausend stürzt er in Kaskaden in die Tiefe, verteilt eiskalten Sprühnebel auf die Besucher, die sich am Geländer festhalten und wir erfahren, dass er seinen Namen der Gischt zu verdanken hat, die bei tief stehender Sonne golden leuchtet.
„Hinuntergehen können Sie aber noch nicht,“ sagt die bezopfte Rangerin in knallroter Jacke und zieht sich die Mütze über die Ohren, „es ist zu dieser Jahreszeit zu gefährlich. Der Weg hinunter ist noch gesperrt.“

„Gullfoss“ im Nationalpark Þingvellir / Foto © Roswitha Geisler


Ich höre meinen Magen knurren und schlage vor, das stylische, aus Holz, Stein und Granit gebaute Restaurant anzusteuern, das mit seinen bodentiefen Fenstern zu einer wunderbaren Pause einlädt.
Wir nehmen Platz an langen Tischen aus zentimeterdicken, groben Holzplatten und bekommen von bärtigen, jungen Männern das serviert, was auf der Insel selbst wächst – eine vegetarische Suppe aus Kartoffeln und Porree, danach ein saftiges, großes Stück Lachs, das so schmeckt, als wäre der Fisch erst vor einer halben Stunde aus dem Wasser gezogen worden.
Zum krönenden Abschluss gibt`s köstliche, weiche Butterküchlein mit Blaubeeren.
So lecker!

Ich bummele dann noch ein wenig durch den hellen, luftigen Laden nebenan, in dem man Rentierfelle kaufen kann, kunstvoll handgestrickte Island-Pullover, geschnitzte Seevögel, Angelwerkzeug und warme Wolldecken.

Schließlich geht es weiter in dem gemütlichen Bus nach Norden, durch das unfassbar weite, leere Land. Breite Ströme durchziehen die Landschaft und vor den schneebedeckten Gebirgsketten sieht man einzelne Bauernhöfe, grasende Islandpferde und wollige Schafe.
Hin und wieder rücken kleine, aus wenigen Häusern bestehende Siedlungen in das Blickfeld und versteinerte Trolle, die es zu ihrem Pech, so wird erzählt, nicht mehr vor Sonnenaufgang zurück in ihre Bergbehausungen geschafft haben.

Unterwegs im Nationalpark Þingvellir / Foto © Roswitha Geisler