*
Ein Schild an dem Geländer verkündet, dass wir uns in 3.029 m Höhe befinden. Die Sonne scheint auf schneebedeckte Flächen und porzellanweiße Berge.
Ich schiebe mir einen Riegel Schokolade in den Mund und zerkaue ihn langsam, während ich einer Böe nachschaue, die über den kahlen Abhang streicht und den lockeren Schnee aufwirbelt.
„Ein gelungener Tag,“ stellt die Begleiterin fest und kramt ein Stück Bergkäse aus dem Rucksack hervor.
Die Haare wehen ihr ins Gesicht und in den Mund.
„Perfekt,“ sage ich, nachdem ich genügend Schokolade hinuntergeschluckt habe, um wieder reden zu können.
„Ich wollte, das Leben hätte mehr von dieser Sorte zu bieten,“ sagt die Begleiterin,
„genug Bewegung, anregende Gespräche, eine Flasche Bordeaux, ab und zu ein Perspektivwechsel, um nur einiges zu erwähnen, und dann noch dieser Käse.“
Sie leckt sich die Finger ab.
„Wie meinst du das?“
„Was?“
„Wie du das sagst.“
„Wie habe ich es denn gesagt?“
„Ungefähr wie Archimedes in der Badewanne. Es klang, als hättest du etwas begriffen,“ sage ich.
Die Begleiterin schaut mich an: „Es gibt eine ganze Menge, was ich so langsam begreife. Das muss dir doch auch schon aufgefallen sein.“
Ich überlege, gebe aber keinen Kommentar dazu ab.
Stattdessen knülle ich das Schokoladenpapier zu einem Ball zusammen, ziele und verfehle den Abfallkorb neben dem Geländer um schlappe eineinhalb Meter.
*
29. August 2014
3.029m
Posted by wholelottarosie under Skizzenbuch | Schlagwörter: Artwork, Bleistift, Erinnerungen, Gedanken, Graphitstift, Kunst-Blog, Notizbuch, Notizen, Skizzen, Skizzenbuch, Skizzenbuch, Zeichnung |[46] Comments
29. August 2014 at 11:18 am
Ja, die Momente der Erkenntnis, die kenn ich….wenn sie denn bloss mal nachhaltig wirken würden…;)
29. August 2014 at 2:43 pm
Oh ja, da hast du völlig recht. Vielleicht schreibe ich deswegen immer wieder was in meine Skizzenbücher? Um nicht zu vergessen, was ich erlebt, erkannt oder mir vorgenommen habe? Denn nicht nur einmal ist es mir passiert, dass ich später, wenn ich mal in Stunden der Besinnung darin herumstöbere, bei manchen Eintragungen auch nach Jahren noch für einen kurzen Moment innehalte und denke: “Huch.” Und: “Wow.”
29. August 2014 at 11:43 am
Die Zunahme an Erkenntnis steigt proprtional zur Meereshöhe, oder so!?
(Beneidenswerte Gipfelerlebnisse!)
29. August 2014 at 2:48 pm
Huii…..das wäre ja eine feine Sache…lach*. Ich glaube, dann würde fast jeder versuchen, auf die Seven Summits zu gelangen, oder?
29. August 2014 at 11:48 am
Ich würde auch gleich losgehen mögen!
29. August 2014 at 2:57 pm
Ja, liebe Jutta, es war einfach wunderbar! Ich mag sowas – die Gipfel, das „über allem sein“, das Klare und Frische und die weite Sicht. Eine andere Perspektive halt.
LG von Rosie
29. August 2014 at 3:37 pm
Ich wohne seit drei Monaten gaaaanz nah dran – aber ich habs noch auf keinen Gipfel geschafft seither. Ich sollte mal über die Strategien der mir innewohnenden „Verhinderer“ und „Gibt so viel Wichtigeres-Monster“ nachdenken, scheint mir…
29. August 2014 at 3:44 pm
Mach es – geh hinauf. Ich bin sicher, du wirst staunen darüber, was es bewirkt, wenn man mal ganz bewusst die Perspektive wechselt.
30. August 2014 at 4:44 pm
Danke für’s Anspornen! Ich werd’s beherzigen! Gleich.Bald. Demnächst… 🙂
29. August 2014 at 11:53 am
Dann mal alles Gute für dich! Schönes Wochenende! Klaus
29. August 2014 at 2:59 pm
Danke Klaus, das wünsche ich dir auch. Sonnige Grüße aus dem Bergischen Land an die Müritz!
29. August 2014 at 1:48 pm
Egal wo: Nie die Schoko vergessen! 😉
29. August 2014 at 3:02 pm
Hahaha…genau so ist es, liebe Lena. Ohne Schoki geht gar nicht. Kalorien hin oder her.
29. August 2014 at 2:45 pm
Es gibt Momente und Orte, wo Schokolade einfach gleich doppelt so gut schmeckt und tut! 🙂 🙂 🙂
Liebe Wochenendgrüße,
Sybille
29. August 2014 at 3:05 pm
Oh ja, manches tut mit Schoki noch mal so gut, liebe Sybille, das ist gar keine Frage. Da hast du ja sooo recht. Aber sowas von…smile*
29. August 2014 at 2:47 pm
Toll – Alles – Text und Bild und Foto. Auf Deiner Zeichnung das Brot – auch gemalt? Wenn ja, sage ich jetzt schon mal, dass ich total begeistert bin. Einfach irre, wie Du das hinbekommst. So ein kleines bißchen Neid auf Deine Fertigkeit keimt jetzt doch in mir auf… Schei..e, wollt ich nie! Liebe Grüsse – Elke
29. August 2014 at 3:16 pm
Vielen lieben Dank für dein schönes Lob, liebe Eifeltussi. Ja, das Brot ist gezeichnet und zwar die Rinde mit einem dunkelbraunen KOH-I-NOR Stift, teilaufgehellt mit weiß, der Rest mit Farbstiften in ocker gebrannt, sepia, goldocker und orange hell. Ich freue mich, dass es dir gefällt.
29. August 2014 at 3:54 pm
Danke für die Materialtipps. Das habe ich Alles da, jedoch mein Händchen schafft das Ergebnis nicht so locker wie Das Deine…, vielleicht entwickle ich mich ja noch. LG und schönes Wochenende.
29. August 2014 at 5:55 pm
Ganz bestimmt wird dir das auch gelingen. Ich habe zum Beispiel ein Skizzenbuch, in das ich vor einigen Jahren JEDEN (!!) Tag auf einer Seite etwas zum Essen gezeichnet habe – was ich gerade da hatte: Brotscheiben, Tomaten, Marmelade, Spaghetti, Kartoffelsalat, Preisebeerkuchen, Zitronen, etc. pp. Nachdem das Skizzenbuch voll war, hatte ich mich im Zeichnen von Lebensmitteln wirklich verbessert,
30. August 2014 at 3:32 pm
Hier bekomme ich gleich die Antwort auf meine Frage, denn auch ich war z.B. ganz sehr von dem gemalten Brot (von dem Käse auch 🙂 ) begeistert. Schön, dass du uns an deiner Begabung teilhaben lässt.
Liebe Grüße schickt die Clara, die sich gerade auf 10 m über dem Meeresspiegel befindet
2. September 2014 at 10:39 am
Vielen Dank für des Käse`s Begeisterung…smile*. Ich befinde mich jetzt auch nur noch 350 m über dem Meeresspiegel…
29. August 2014 at 4:04 pm
Was für eine schöne Begebenheit.
Brot, Apfel, Käse, das sind wohl die Hauptnahrungsmittel in der höheren Bergwelt, kann ich mir vorstellen – uuuuuuund Schokolade, lach.
Da oben kann einem auch allerhand klar werden, das stelle ich mir so vor. Wenn man solch eine Höhe geschafft hat.
Dein Bild ist mal wieder herrlich.
29. August 2014 at 4:54 pm
Ich dachte immer, die Zunahme an Erkenntnis erfolgt im Alter – aber das Alter ist ja eine Zahl – wie die Höhenmeter.
Liebe Grüße aus Berlin sendet dir Susanne
29. August 2014 at 5:21 pm
Die Zunahme an Erkenntnis steigt mit dem Alter + Höhenmeter.
(Ausprobieren!)
29. August 2014 at 8:59 pm
Die Brotzeit in deinem Buch sieht unglaublich plastisch aus! 🙂
Auf meinen vielen Bergwanderung habe ich oft unterm Marschieren, Schnaufen und Schwitzen Probleme aufgearbeitet, auf den Gipfeln dann ein ganz wunderbares Gefühl von Andacht und Triumph verspürt, und bin meist geläutert, ein klein wenig klüger und auch mit neuen Erkenntnissen wieder ins Tal gelangt. 😉
♥liche Grüße!
2. September 2014 at 10:13 am
Genau so geht es mir auch, liebe Margot! Darum liebe ich es auch so, ab und zu „über allem“ zu stehen. Vieles relativiert sich bei solchen Erlebnissen. Da hast du ja sooo recht.
30. August 2014 at 11:14 am
Herrlich, diese kleinen Momente im Leben, wo man aber doch von ‚Erkenntnissen‘ sprechen kann. Dein Skizzenbuch ist ganz wunderbar und ein Schatz, schon alleine wegen der Zeichnungen. Das Brot sieht fast fotorealistisch aus, irgendwie plastisch. Toll gelungen.
LG ‚Franka‘ (ehemals ‚April‘)
2. September 2014 at 10:26 am
Liebe Franka, 1000-Dank für dein schönes Lob. Es freut mich sehr! Ja, du hast recht, manchmal genügt ein kleiner Moment, ein Augenblick nur und die Dinge erscheinen plötzlich in einem anderen Licht.
1. September 2014 at 1:04 am
liebe Rosie, ich bin jedesmal vollig begeistert von deinen Zeichnungen und habe deinen blog jetzt endlich auf auf meine blogroll gesetzt. Ich hoffe, die moleskins gehen dir niemals aus, und auch nicht die Stifte!!!
Liebe Grüße Carmen
2. September 2014 at 10:56 am
Das freut mich natürlich, liebe Carmen. Lach*..ich glaube, so schnell gehen meine Notizbücher nicht aus, denn ich habe davon immer einen Vorrat im Regal. Oft stöbere ich in Schreib- oder Papierläden herum und wenn ich ein schönes Notizbuch sehe, kaufe ich es – auch wenn ich es noch nicht brauche.
2. September 2014 at 2:10 am
auch mir gefallen deine zeichnungen immer wieder! das foto ist aber mindestens genauso schön, so klar und frisch, fast spürt man die höhe, den wind, die kälte! dort oben fühlt man sich winzig, oder? liebe grüße
2. September 2014 at 12:22 pm
Da hast du vollkommen recht, liebe Antje. Gegen 3.029 m sind meine 165 cm doch nur ein kleiner Klacks. Und ist man erst oben, relativiert sich so vieles. Der kalte Wind und die frische Luft tun ein übriges dazu. Nie ist mein Kopf so frei, wie über den Wolken (und damit meine ich jetzt nicht den Blick aus dem Flugzeug). Und die Klarheit der Luft macht automatisch den Blick auf vieles andere klarer.
2. September 2014 at 11:45 am
Schönes Foto, liebe Rosie.
Und in das Brot könnte ich so reinbeißen. Toll gezeichnet! Wirklich klasse.
Liebe Grüße,
Martina
2. September 2014 at 12:41 pm
Lach…* in das Brot habe ich dann tatsächlich reingebissen, liebe Martina. Und den Käse in Stücke geschnitten und ebenfalls aufgegessen. Übrig blieb, glaube ich, nix.
4. September 2014 at 9:55 am
Das ist aber ein ganz außergewöhnliches Skizzenbuch, ich bin gespannt noch mehr Zeichnungen und Texte zu sehen!
4. September 2014 at 10:19 am
1000-Dank für dein schönes Lob, lieber Jörg! Ganz bestimmt gibt es noch mehr davon anzuschauen und zu lesen, denn mein Skizzenbuch ist noch längst nicht voll! Außerdem liegt noch allerlei Nachschub an leeren Notizbüchern im Regal…..smile*
10. September 2014 at 8:04 am
Ich lieb Schnee und Berge – samt Deinen Wörtern… 🙂
LG
Maccabros
24. Mai 2016 at 7:00 pm
Vielen 1000-Dank!
Und ich iiiiiebe deine Worte!
24. Mai 2016 at 7:08 pm
Danke…
12. September 2014 at 11:45 am
oh ja, genau diese tage!!
16. September 2014 at 12:40 pm
Ja, manchmal passt einfach alles zusammen. Das ist dann einer dieser perfekten Tage, von denen man am liebsten ganz, ganz viele hätte.
16. September 2014 at 12:54 pm
da hast du recht! Aber es sind auch die tage, von denen man ganz, ganz lange zehrt!
9. Oktober 2014 at 8:51 pm
Ganz meine Meinung!
24. Mai 2016 at 5:56 pm
Jetzt versteh ich endlich, warum es bei mir mit der Zunahme der Erkenntnis nicht so klappen will – im Gegensatz zur weniger erwünschten Zunahme. Ich bin als Flachländer gehandicapt.
24. Mai 2016 at 7:02 pm
Hach…liebe Gerda, es klappt immer!
Manchmal mehr und manchmal weniger……manchmal schneller und manchmal langsamer.
So siehts jedenfalls bei mir aus….lach*
24. Mai 2016 at 8:03 pm
du meinst also, auch ein Flachländer darf hoffen?