Gregghalb
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Der S.,  mit dem wir verabredet sind, lehnt am Schaufenster des Plattenladens.
Links vom Eingang ist das Glas teilweise mit weißem Klebeband verklebt.
Es sieht aus, als hätte jemand versucht, die Scheibe einzutreten.  Das Muster der weißen Sprünge im Glas erinnert an ein Spinnennetz.

Ich registriere, dass der S. eine etwas zu enge Lederjacke trägt, darunter einen Kapuzenpullover, schwarze Jeans und ebenso schwarze Doc-Martens-Stiefel.
Der athletische, schlanke Körper hätte auf ein Alter von etwa Anfang dreißig schließen lassen, doch die rot unterlaufenen Augen mit den hervortretenden Tränensäcken bestätigen eher die Richtung fünfzig – was meines Wissens stimmt.

Neben der kaputten Scheibe hat sich eine Traube von Menschen gebildet.
Wir stellen uns neben zwei Mädchen, die Popcorn aus einer braunen Tüte essen und hören dem Klimpern einer Gitarre und einem Cajon zu, die begleitet werden von einer Stimme, die ein Lied singt. Den anderen, die dort stehen, kommt es sicherlich alt vor. Ist es auch. Wir haben diesen Song früher ständig gehört, in einem dunklen, verräucherten Musikclub in Amsterdam, nächtelang. Das mag gut und gerne ein Vierteljahrhundert her sein. Oder mehr.

„Das ist wirklich fantastisch,“ höre ich die E. sagen, mehr zu sich selbst als zu uns, „er hört sich an wie Gregg. Erinnerst du dich? Gregg. Mein Gott.“
Ihre Worte kommen vorsichtig. Als ob sie einen Faden durch ein Nadelöhr schöbe.
Ich nicke.
Der S. verschränkt seine Arme und sieht aus, als wolle er eine ganze Menge dazu sagen.
Aber dann bemerkt er nur: „Du sagst es.“

Er fummelt einen zerknitterten Zehner und eine Visitenkarte aus seiner Brusttasche, kritzelt etwas auf deren Rückseite und wirft beides in den aufgeklappten Gitarrenkoffer.
„Ist das alles?“ fragt die E.