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Der S., mit dem wir verabredet sind, lehnt am Schaufenster des Plattenladens.
Links vom Eingang ist das Glas teilweise mit weißem Klebeband verklebt.
Es sieht aus, als hätte jemand versucht, die Scheibe einzutreten. Das Muster der weißen Sprünge im Glas erinnert an ein Spinnennetz.
Ich registriere, dass der S. eine etwas zu enge Lederjacke trägt, darunter einen Kapuzenpullover, schwarze Jeans und ebenso schwarze Doc-Martens-Stiefel.
Der athletische, schlanke Körper hätte auf ein Alter von etwa Anfang dreißig schließen lassen, doch die rot unterlaufenen Augen mit den hervortretenden Tränensäcken bestätigen eher die Richtung fünfzig – was meines Wissens stimmt.
Neben der kaputten Scheibe hat sich eine Traube von Menschen gebildet.
Wir stellen uns neben zwei Mädchen, die Popcorn aus einer braunen Tüte essen und hören dem Klimpern einer Gitarre und einem Cajon zu, die begleitet werden von einer Stimme, die ein Lied singt. Den anderen, die dort stehen, kommt es sicherlich alt vor. Ist es auch. Wir haben diesen Song früher ständig gehört, in einem dunklen, verräucherten Musikclub in Amsterdam, nächtelang. Das mag gut und gerne ein Vierteljahrhundert her sein. Oder mehr.
„Das ist wirklich fantastisch,“ höre ich die E. sagen, mehr zu sich selbst als zu uns, „er hört sich an wie Gregg. Erinnerst du dich? Gregg. Mein Gott.“
Ihre Worte kommen vorsichtig. Als ob sie einen Faden durch ein Nadelöhr schöbe.
Ich nicke.
Der S. verschränkt seine Arme und sieht aus, als wolle er eine ganze Menge dazu sagen.
Aber dann bemerkt er nur: „Du sagst es.“
Er fummelt einen zerknitterten Zehner und eine Visitenkarte aus seiner Brusttasche, kritzelt etwas auf deren Rückseite und wirft beides in den aufgeklappten Gitarrenkoffer.
„Ist das alles?“ fragt die E.
14. Dezember 2013 at 1:27 pm
Ja, das gefällt mir wirklich! Alles Gute für dich! Klaus
15. Dezember 2013 at 4:16 pm
Vielen Dank, Klaus, das wünsche ich dir auch!
14. Dezember 2013 at 5:35 pm
Oh… und wer weiß, wie es dann weitergegangen ist…!
Eine schöne Geschichte!
Dieser Satz „Als ob sie einen Faden durch ein Nadelöhr schöbe.“ ist sehr beeindruckend, so klar im Bild, gefällt mir besonders.
Wie wunderbar echt du die Gitarrenholzfarbe in der Zeichnung getroffen hast, und der Gitarrenkoffer mit dem leuchtenen Rot… Schöne Komposition, liebe Rosie, bravissima!
15. Dezember 2013 at 4:29 pm
Liebe Sybille, vielen Dank für dein Lob! Holz farblich hinzubekommen ist immer eine Herausforderung, finde ich. Jedes Holz sieht anders aus. Als ob jeder Baum eine eigene „Persönlichkeit“ hätte. Lackierte Gitarren, also „Stromgitarren“, zu zeichnen finde ich einfacher.
14. Dezember 2013 at 9:45 pm
Lieder sind Erinnerungen, die uns auch Jahrzehnte später noch erreichen, oder sie haben uns nie verlassen…
15. Dezember 2013 at 4:34 pm
Genau so ist es, lieber Maccabros. Oft genügen nur ein paar bestimmte Töne oder eine Liedzeile…und sogleich setzt sich das Kopfkino in Gang.
14. Dezember 2013 at 9:53 pm
Der Junge hat so eine richtige Gänsehaut-Röhre… Wow!… 😀
Ganz wunderbar geschrieben, liebe Rosie!
15. Dezember 2013 at 5:03 pm
Liebe Margot, ja, ich finde auch, die Jungs sind wirklich großartig. 1000-Dank für dein Lob!
15. Dezember 2013 at 9:12 am
eine wunderbare beobachterin, die sieht was die anderen nicht sehen…lässt mich auch eine beobachterin werden…und diese fantastische musik noch dazu!
15. Dezember 2013 at 5:10 pm
Liebe Sirkumo, ja, die kleinen Dinge sind es, die das Leben ausmachen. Oft genug übersieht man sie – aber sie sind es wert, angeschaut zu werden. Weil sie dem Betrachter oft genug „die Augen öffnen“.
15. Dezember 2013 at 8:07 pm
Liebe Rosie, wieder einmal ein Gänsehautbericht mit unglaublich schöner musikalischer Begleitung!
20. Dezember 2013 at 7:16 pm
Ich freue dich, wenn dir die kleinen Geschichten gefallen, liebe Emily! Danke für dein schönes Kompliment.
19. Dezember 2013 at 4:07 pm
Come as you are
As you are
As you were
As I want you to be
As a friend
As a friend
As a known memory
Take your time
Hurry up
The choice is your
Dont’ be late
Take a rest
As a friend
As a known memory ( Nirvana )
Mag solche Sounds und Musiker. Deine Beschreibung ist wieder spannend und mit Erinnerungsfaktor.
saludos Rue
20. Dezember 2013 at 7:59 pm
Oh ja, lieber Rüdiger – von der CD NEVERMIND (…und sogleich setzt sich das Kopfkino in Gang..) Schau mal hier, einer meiner Lieblingssongs von Kurt: http://www.youtube.com/watch?v=pkcJEvMcnEg
21. Dezember 2013 at 2:02 pm
Super, liebe Rosie, da ist Power drin.
Danke für diesen tollen Bericht.
Liebe Grüße und alles Gute zum 4. Advents-Wochenende
Bärbel
21. Januar 2014 at 1:11 pm
Danke für dein Lob, liebe Bärbel. Ja, die schönsten und manchmal auch beeindruckensten Erlebnisse passieren zumeist direkt vor der Haustür.
21. Januar 2014 at 1:12 pm
Genau oder es sind nur kleine Dinge, die man entdeckt, die auch ein großes Glück bedeuten.
21. Januar 2014 at 1:18 pm
Genau so ist es. Oft genug verpasst man auf der Suche nach dem großen Glück die vielen kleinen Glücksmomente.
21. Januar 2014 at 1:34 pm
Das große Glück suche ich gar nicht.
Es sind die schönen Kleinigkeiten, die das Leben lebenswert machen.
21. Januar 2014 at 1:40 pm
Das stimmt genau!
24. Dezember 2013 at 12:48 pm
Ein gemütlichen Jahresausklang!
LG Krümel
21. Januar 2014 at 1:12 pm
Lieber Krümel, ich wünsche dir ein wunderschönes neues Jahr – auch wenn es schon fast drei Wochen alt ist. Aber gute Wünsche kann man ja immer gebrauchen…smile*
30. Dezember 2013 at 12:53 pm
Auch hier möchte ich mal wieder ein paar liebe Grüße dalassen, liebe Rosie. Ich hatte wenig Zeit für den Blog und die Blogs. 🙂
Schön gezeichnet. Du weißt ja, ich liebe diese Zeichnungen in deinem Heft sehr. 🙂
Ich wünsche dir einen guten Rutsch in ein glückliches und gesundes neues Jahr.
Alles Liebe für dich,
Martina
21. Januar 2014 at 1:14 pm
Liebe Martina, du hast recht – manchmal muss man sich eine Blogpause gönnen. Ja, manchmal sind andere Dinge einfach wichtiger. Um so mehr freue ich mich, dass du hier gewesen bist! Bis bald mal wieder!
9. Januar 2014 at 9:49 pm
danke auch für den geposteten song. frohes neues!
21. Januar 2014 at 1:16 pm
Hi Scalatore! Das wünsche ich dir auch, ganz klar. Ich finde, die ersten drei Wochen des neuen Jahres waren ja schon mal sehr schön. So kanns weitergehen.
4. März 2014 at 12:33 pm
Moleskins sind die Besten. Vor allem die kleine Tüte auf dem hinteren Einband finde ich einfach nur genial.